Der Polnische Kulturtag hat sich unumstritten zu einer der beliebtesten, traditionsreichen Veranstaltung der letzten Jahre entwickelt. Nicht ohne Grund: Dass dieser Höhepunkt des Vereinsjahres, zu dem der Deutsch-Polnische Hilfsvereins POLDEH e.V. am 15. November geladen hatte, wieder einmal im Altstadtrathaus stattfand, hat eben inzwischen Tradition.
Die GastgeberInnen der Veranstaltung hießen fast 200 Gäste, darin auch Ehrengäste, willkommen, darunter die Braunschweiger Bürgermeisterin Christina Antonelli sowie die Konsulin der Republik Polen in Hamburg Marzena Szczypułkowska-Horvath.
In diesem Jahr wurde Polens Hauptstadt Warszawa gedacht. Im Jahr 2024 jährt sich der Warschauer Aufstand zum 80. Mal (01.08.-03.10.1944) – eines der prägendsten, aber auch tragischsten Ereignisse der polnischen Geschichte. Dem Gedenken an den mutigen Widerstand der polnischen Heimatarmee (Armia Krajowa) wurde ein Teil des Rahmenprogramms des Polnischen Kulturtages gewidmet. Aus einem Brief an einen Warschauer Aufständischen las Alexander Taraszewski vom Mut, von Unbeugsamkeit und von Hoffnung auf Neubeginn.
Da mutet es geradezu symbolisch an, dass die Dornse die Türen öffnete, nicht einfach nur für die Geschichts- und Kulturinteressierten, sondern auch für die Erinnerung an dieses Kapitel der polnischen bzw. deutsch-polnischen Geschichte. Für Polen ist der Aufstand ein Symbol des Widerstands und der nationalen Identität, für Deutschland eine Mahnung an die dunklen Kapitel der eigenen Vergangenheit und, wie der Bundespräsident Frank-Walter Steinmaier bei der Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestag des Warschauer Aufstandes am 31.07.24 betonte, auch ein Vorbild für spätere Freiheitsbewegungen wie zuletzt jene, die zur Wiedervereinigung Deutschlands geführt hatten.
In den Eröffnungsreden der beiden Vereinsvorsitzenden Frauen Aneta Bertram und Katrin Matusik gab es nicht nur Begrüßungs- und Dankesworte, sondern eben auch Geschichtliches zu hören. Die Frauen Antonelli und Szczypułkowska-Horvath schlossen in ihren Grußworten daran an.
Wie jedes Jahr fungiert der Polnische Kulturtag nicht nur als Bühne für historische, sondern auch für kulturelle Darbietungen. Den Festakt eröffneten und begleiteten die TänzerInnen der Polnischen Folkloregruppe e.V. aus Hannover. Sie zeigten, vertraut und doch immer wieder neu, die beiden Tänze Polonez und Mazurka. Polonaise – ursprünglich ein Volkstanz – ist ein wahrer Klassiker auf jeder Feier, seine Grundfigur ist die Promenade. Daneben die Mazurka (polnisch „Mazurek“ und „Mazur“), die als der polnische Nationaltanz schlechthin gilt. Ihr Ursprung liegt in der Region Masowien, der Gegend rund um Warschau, wo auch Chopin, der der Liedform zu Weltruhm verhalf, geboren wurde.
Es gibt viele Geschichten über Warschau – seine Entstehung, seinen Fluss Weichsel, seine Stadtteile. Die wohl bekanntesten volkstümlichen Überlieferungen erzählen vom Wahrzeichen und Wappenwesen Warschaus – einer Meerjungfrau – und vom Entstehen des Namens der Hauptstadt, der mit den Weichselsiedlern Wars und Sawa zusammenhängen soll. Nachdem sie schon ein Jahr zuvor so viel Lob für ihre glanzvolle Theateraufführung über Nikolaus Kopernikus erhalten hatten, gaben Kinder der Polnischklassen unter Poldehs Schirmherrschaft mit ihrer szenischen Darstellung der Geschichte von Wars und Sawa erneut ihr Bestes. Dieser lehrreiche, bunte Auftritt von Poldehs Jugend stellt zugleich das schönste Beispiel dafür dar, wie sehr Kreativität, Wertschätzung und Zusammenhalt im Verein wirklich gelebt werden.
Auch musikalisch waren die Besucher des diesjährigen Polnischen Kulturtages in bester Gesellschaft: Überaus charmant und sehr sympathisch performte Frau Barbara Droździńska beliebte Hits aus Polens Nachkriegszeit. Wer erinnert sich da nicht an „Na prawo most, na lewo most“, oder „Warszawa, ja i ty“? Die schon aus den Vorjahren bekannte, prominente Sängerin des russischen, weißrussischen und ukrainischen Repertoires in Polen stand allerdings dieses Mal nicht allein auf der Bühne. Zu hören waren neben ihr Johannes Rohr, der sich mit seinem Akkordeon in die Herzen der ZuhörerInnen hineinspielte.
Die Blumen für die KünstlerInnen und für die Organisatoren der Veranstaltung, die es im Anschluss gab, waren mehr als verdient. Es war ein ausgewogener Abend – eine gelungene Mischung aus Kurzweiligkeit und ernsten Themen, die in angemessener Würde reflektiert wurden. Die Erinnerung an die präsentierten vielen Neuanfänge rund um Warschaus Geschichte wird den Beginn der dunklen Jahreszeit motivierter angehen lassen.
Das Rahmenprogramm ging offiziell mit der Polonaise zu Ende, die Gäste durften hierbei ihr Tanzbein (anmutig) mitschwingen und wurden so von den TänzerInnen der Folkloregruppe zum anschließenden Empfang begleitet. Letzterer dauerte bei ausgelassener Stimmung noch bis spät in die Nacht an.
POLDEH e.V. spricht seinen herzlichen Dank allen öffentlichen und privaten Förderern sowie den engagierten Helferinnen und Helfern aus, ohne deren tatkräftige Unterstützung diese traditionsreiche Veranstaltung nicht möglich gewesen wäre. Ein besonderer Dank gilt Orlen Deutschland, dessen großzügiges Engagement entscheidend dazu beigetragen hat, den Polnischen Kulturtag in dieser besonderen Form zu realisieren und damit ein eindrucksvolles Zeichen für die deutsch-polnische Verbundenheit zu setzen.
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