GESINE SCHWAN UND IHRE VIADRINA. „Polonicus” für eine Freundin Polens aus Berlin

Professor Gesine Schwan

Die erste Universität in Brandenburg „Universitas Francofurtensis” wurde offiziell am 26.04.1506 eröffnet. Da 1810 in dem nahegelegenen Berlin die „Friedrich-Wilhelm-Universität“ entstand, hat man die Hochschule aus Frankfurt/Oder 1811 nach dem damals zu Preußen gehörenden Breslau/Wrocław umgesetzt. In den Jahren 1991/1992 erhob sich Viadrina wie Phönix aus der Asche (der Name „Viadrina” kommt aus dem Latein und bedeutet „an der Oder”). Die Hochschule mit ihrer über 300-jähriger Tradition wurde reaktiviert. Am 15.07.1991 eröffnete eine Universität mit dem zukunftsweisenden Namen: „Europa-Universität Viadrina”, am 06.09.1991 fing das erste Studienjahr an. Der erste Rektor der neuen Universität war der Politologe Hans N. Weiler. 1999 hat man die Verwaltungsstrukturen der Universität verändert, man berief ein Präsidium, bestehend aus dem Präsidenten, stellvertretenden Präsidenten, Kanzler und Senat.

Die erste Präsidentin von Viadrina wurde Frau Prof. Gesine Schwan, die sich bereits früher für die Entwicklung deutsch-polnischer Beziehungen einsetzte und einen Beitrag zur Entstehung von Bindungen und Kontakten zwischen beiden Ländern leistete. Die Amtsdauer von Frau Prof. Gesine Schwan dauerte 9 Jahre (1999 – 2008) und es kann ohne Übertreibung behauptet werden, dass es die Blütezeit der Universität bedeutete. 2005/2006 stammten unter den 5093 Studenten der Viadrina 1245 aus Polen (fast 25 %). 2008 wurde Frau Schwan die Ehrenbürgerin der Stadt Słubice. Ihre Beziehungen zu Polen stammen aus der Jugendzeit, während ihrer Stipendienaufenthalte studierte sie sowohl in Warszawa wie auch in Kraków. Sie lernte dann Adam Michnik und Bronisław Geremek sowie zahlreiche weitere Gegner des Kommunismus kennen. Ihre hervorragende Doktorarbeit (1970), die 1971 unter dem Titel: „Leszek Kołakowski. Eine politische Philosophie der Freiheit nach Marx” erschien, handelte auch über Polen und seine Kultur. Der 2009 verstorbene Professor Leszek Kołakowski war ein weltbekannter polnischer Philosoph, der bis zum Lebensende an der Universität Oxford lehrte. Frau Prof. Schwan unterrichtete seit 1977 Politikwissenschaften an der Freien Universität in Berlin.

Der bekannteste polnische Akzent in Frankfurt ist das „Collegium Polonicum” – ein gemeinsames wissenschaftliches Zentrum der Viadrina Universität und der Adam Mickiewicz Universität in Poznan. Es befindet sich in Słubice, direkt an der Oder, gegenüber von Frankfurt. Die akademische Tätigkeit dieser Institution wurde am 12.10.1998 aufgenommen. roku. Das Collegium besteht aus neun Abteilungen - den Lehrstuhl für Mitteleuropa-Studien, den Lehrstuhl für die Kultur und Geschichte Mitteleuropas und Osteuropas, den Lehrstuhl für deutsch-polnische Kultur- und Literaturvereine, den Lehrstuhl für Denkmalschutz, den Lehrstuhl für Sprache und Linguistik sowie drei Lehrstühle für polnisches und europäisches Recht.

Ein weiteres ehrgeiziges Projekt der jungen Universität in Frankfurt ist „Das Zentrum für Interdisziplinare Polenstudien” (ZIP), wo Kulturgeschichte, Literaturgeschichte, Sozialwissenschaften, Sprachwissenschaft, Recht und Betriebswirtschaft unterrichtet werden. Es ist eine der wenigen Einrichtungen in Deutschland, die die polnischen Angelegenheiten in einem interdisziplinaren Aspekt untersucht.

Im Studienjahr 2014/2015 studierten an der „Viadrina” 6500 Studenten, darunter 25 % Ausländer. Man könnte zu dem Ergebnis kommen, dass so wie im XVI Jahrhundert Polen nach Padua nach Italien zum Studieren gefahren sind, so kommen im XXI Jahrhundert die Studenten nach Fankfurt/Oder, um an der Viadrina zu studieren. Es ist bestimmt auch ein Verdienst von Frau Professor Gesine Schwan.

Frau Gesine Schwan wurde 1943 in Berlin geboren, ihre Erziehung fruchtete in Mut und Toleranz. Ihr Vater – ein Oberschulrat engagierte sich in der Widerstandsbewegung gegen die Nazis. Ende des Krieges versteckte die Familie in ihrem Haus in Berlin ein jüdisches Kind (man weiß, wie riskant es war). Ihr Ehemann – der Politologe Alexander Schwan starb viel zu früh 1989 an Krebs. Da sie gemeinsam keine Kinder bekommen konnten, adoptierten sie zwei Kinder. Nach dem Tod des Ehemannes übernahm die junge Mutter die Verantwortung für ihre Erziehung – parallel zum Studium der Romanistik, Geschichte, Philosophie und Politikwissenschaften in Berlin und Freiburg. Frau Schwan spricht fließend Englisch und Französisch und kennt Polnisch“. Ihre Wahl zur Präsidentin der Viadrina war zweifelsohne die richtige Entscheidung. Frau Prof. Schwan kandidierte bei den Präsidentenwahlen in der BRD 2004, wo sie trotz weniger Chancen ein gutes Ergebnis erzielte (Horst Köhler erhielt 604 Stimmen, Prof. Schwan 589 Stimmen). Es hat nicht gefehlt und sie wäre die erste Bundespräsidentin der BRD geworden.

Jerzy Ziaja