Wo Herz sprechen darf - Feierlichkeiten in Braunschweig

Das Ende 2018 nähert sich. Es war ein Jahr eines außergewöhnlichen Jubiläums für Polen. Polnische Migranten in Deutschland feierten den 100. Jahrestag der Wiedererlangung der Unabhängigkeit Polens ehrenvoll. Als eine kurze Review veröffentlichen wir heute einen kurzen Bericht über die Feierlichkeiten in Braunschweig.

Am 17. November, haben wir in der „Dornse“ des Altstadtrathauses in Braunschweig unseren Polnischen Kulturtag gefeiert. Wie jedes Jahr erleben wir an diesem Tag, was wir aneinander haben und dass wir in Braunschweig gut angekommen sind. Bei der Gelegenheit haben wir - wir in Braunschweig lebende Polonia - auch daran erinnert, dass Polen vor ein hundert Jahren wieder ein souveräner Staat wurde. Wir haben dies über Musik und Kunst getan – eine kulturgeschichtliche Annäherung also fern jeglicher politischer Instrumentalisierung, von der wir uns bewusst distanzieren.

Polen ist ein Land der Musik, die heiße Spuren in der Seele hinterlässt, betonte die Moderatorin Frau Dr. Ewa Herfordt mehrfach im Verlauf des Abends. In dieser Hinsicht warteten auf unsere Gäste in der Tat viele hochemotionalen Momente. Musikalisch begrüßt wurden sie vom deutsch-polnischen Oginski-Ensemble, das von dem Braunschweiger Komponisten und Dirigenten Herrn Bernfried E. G. Pröve geleitet wurde. Zur „Polonaise A-Moll“ von Michał K. Ogiński voller Anmut getanzt, in traditionellen Trachten der Region „Lowicz“, haben die jungen Tänzer und Tänzerinnen der Folkloregruppe „Polonia“ e.V. aus Hannover (Leitung Charlotte Glowacka).

Dieser herzergreifenden Begrüßung folgten Festreden unserer  Vereinsvorsitzenden Frau Aneta Bertram, des Bürgermeisters der Stadt Braunschweig Herrn Helmut Blöcker und des aus Hamburg angereisten polnischen Konsuls Herrn Piotr Strutynski. In ihren Reden lobten der Konsul und der Bürgermeister unser ehrenamtliches Engagement und unsere vielen Tätigkeitsfelder. Der Bürgermeister erinnerte an den POLDEH am 16.09.2017 von der Niedersächsischen Landesregierung verliehenen „Preis für vorbildlichen Dienst für das Gemeinwohl“: Es sei eine Ehrung, mit der unser Verein als ein wichtiger Bestandteil des sozialen und kulturellen Lebens der Stadt anerkannt wurde. Seiner Meinung nach verdiene unser Einsatz für die Integration polnischer Zuwanderer in die deutsche Gesellschaft große Beachtung und Unterstützung seitens der Regierung.

Auf diese höchsten Töne des Lobs folgten die schönsten Töne der Musik: Der eindrucksvolle Gesang des Chors der Polnischen Katholischen Mission „Soli Deo“, gefolgt vom Klavierspiel unseres jungen Talents, des elfjährigen Mikolaj Kociucki. Viel Beifall erntete das Klavierspiel von Frau Claudia Bigos und ihre einfühlsame Interpretation des „Nocturne B-Dur“ von Maria Szymanowska – der ersten polnischen Berufspianistin und Komponistin, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts lebte, für die Johann Wolfgang von Goethe schwärmte und die musikalisches Vorbild von Fryderyk Chopin war. Frauenpower, die ihresgleichen suchte, ganz passend übrigens zu einem weiteren Jubiläum – der Geburtsstunde des Frauenwahlrechts (12.11.1918).

Den Abend rundeten die originellen Beiträge der Künstlerin Sophie Delest ab: eine künstlerisch-historische Modenschau, die die Präsentation von Ergebnissen aus ihrem Projekt „Eine Nation als Produkt ihrer Geschichte“ visualisierte und ihre virtuelle Geschichtsreise mitten in das Herz Polens: nach Warschau.

Unvergessen bleibt sicherlich der letzte Teil unserer Veranstaltung: die Uraufführung der speziell zum 100jährigen Jubiläum Polens komponierten Kantate „Z serca Polski“ von Bernfried E. G. Pröve – ein Stück vertonte Geschichte, von der Zeit der Nichtexistenz des Staates infolge der Teilungen bis zur Geburtsstunde Polens am 11. November 1918, expressiv und sinnreich. Derart bis ins letzte Detail durchdachte und zeitintensive Beschäftigung eines deutschen Komponisten mit einem für Polens Geschichte so wichtigen Thema hat ein Alleinstellungsmerkmal und beweist schließlich, wie eng verflochten die deutsch-polnische Beziehungsgeschichte ist. In der Stimme der Opernsängerin Frau Małgorzata Przybysz (Mezzosopran) vom Staatstheater Braunschweig ist es dem Komponisten gelungen, aus dem weiten Ozean meisterhaften Gesangs für sein Musikstück einen glitzernden Schatz zu bergen. Frau Przybysz sang danach noch „Życzenie“ von Chopin und wurde dafür vom Publikum begeistert gefeiert. Den krönenden Abschluss gab Herr Pröve mit Chopins „Revolutionsetüde C-Moll op. 10“.

Bei Glas Wein, vielen süßen und deftigen Köstlichkeiten und anregenden, herzlichen Gesprächen, bei denen es auch darum ging, den kulturellen Austausch zwischen Deutschen und Polen anzuregen, haben wir unseren Polnischen Kulturtag ausklingen lassen. Ein harmonischer und rundum gelungener Abend.

Dr. Ewa Herfordt (Historikerin, Moderatorin)