Die Vertriebenen Europas


Um als Deutscher über Vertriebene in Europa zu schreiben, ist es sicher notwendig einen Blick auf das letzte Jahrhundert zu werfen. Das soll nicht mit der Absicht geschehen, irgendwelche Realitäten zu relativieren.
Ich will mich bemühen, das Thema – trotz aller Brisanz – zu erörtern und dabei ein Höchstmaß an Fairness und Objektivität zu bewahren.
Objektivität, als unverzichtbares Element  leitet sich bestimmt nicht nur aus eigenen Erfahrungen ab, es verlangt einen nüchternen Blick  auf die Geschichte.
Insbesondere, die beiden Weltkriege waren Menschheitstragödien von unvorstellbaren Ausmaßen. Es waren Ereignisse, die mit äußerster Brutalität und Skrupellosigkeit – ohne Rücksicht auf alle Prinzipien des Humanismus – geführt wurden. Diese Erfahrungen haben dazu geführt, dass sich die Völker Europas jahrzehntelang unversöhnlich gegenüberstanden.
Es stellt sich immer wieder die Frage nach der Schuld. Darin ist sich die Welt einschließlich der Deutschen im klaren. Im Bewusstsein der Menschen und in den Geschichtsbüchern sind die Deutschen als Verursacher von Leid und Elend eindeutig identifiziert und tragen deshalb auch die Schuld für das Unentschuldbare.
Deutschland hat versucht in den Jahren nach Ende des
2. Weltkrieges  die  Problematik mit den Betroffenen aufzuarbeiten. Natürlich traten bei diesem Prozess die begangenen Verbrechen und die damit verbundenen Verletzungen, Tötungen und Vernichtungen zutage und machten und machen bis zum heutigen Tage  Differenzierungen in Fragen der Vertriebenen fast unmöglich.
Aus Sicht der Deutschen soll es auch keine Relativierungen über Schuld und Verantwortung geben.
Wie kann und sollte jetzt aber mit dem Vertriebenenproblem insgesamt umgegangen werden?  Ist das einzige Resultat, dass der Verursacher von Leid und Elend für immer zu schweigen hat, weil er Täter war?
Auch dieser  Auffassung sollte unser uneingeschränkter Respekt gelten.
In Teilen der insbesondere von der Vertreibung betroffenen deutschen Bevölkerung regt sich jedoch der Wunsch nach Anerkennung des eigenen Leids  mit der Begründung den Krieg nie gewollt zu haben und mit dem Nationalsozialismus nichts zu tun gehabt zu haben.
Flüchtlinge waren nach dem 2. Weltkrieg Millionen von Deutschen allemal. Die Frage stellt sich : Haben sie es durch die Verbrechen der Nationalsozialismus verwirkt, Anspruch auf Anerkennung als Vertriebene zu erheben.
Von Opfern und ehemaligen Tätern, die über diese Frage zu befinden haben, ist  eine Entscheidung mit Ängsten, Aggressionen, Hoffnungen und Schmerzen verbunden.
Eine eindeutige Antwort wird es nicht geben, aber lässt sich vielleicht die Sprachlosigkeit ein Stück überwinden ? In einem vereinten Europa sollte die Frage unter Berücksichtigung aller Aspekte beantwortet werden. Vielleicht sind es ja auch zwei Antworten.

Den Artikel hat ein Deutscher geschrieben, der nicht genannt werden möchte.
HL