Anerkennung von Berufsqualifikationen - Krzysztofa Bieniak

Am 30. August 2023 fand eine wichtige polnische Veranstaltung im SprachCafé Polnisch e.V. statt. Experten, die sich mit dem Thema der beruflichen Integration in Deutschland beschäftigen, trafen sich mit interessierten Menschen polnischer Herkunft in Deutschland, um über den deutschen Arbeitsmarkt zu diskutieren und Fragen zu beantworten. Das größte Interesse des Publikums galt konkurrenzlos der Frage nach der Anerkennung polnischer Berufsabschlüsse.  Auch wenn dieses Thema bereits Einzug in die Öffentlichkeit gehalten hat, basiert das kollektive Wissen noch zu sehr auf individuellen Erfahrungen und veralteten Informationen. Dies gilt es zu ändern, denn die Anerkennung von Qualifikationen war noch nie so wichtig wie heute.  Werfen wir zunächst einen Blick auf die gesetzliche Grundlage für die Anerkennung ausländischer Abschlüsse. Es handelt sich um das Anerkennungsgesetz des Bundes, umgangssprachlich "Das Anerkennungsgesetz" und in der Langfassung "Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen", das das Berufsqualifikationsanerkennungsgesetz (BQFG) und Änderungen mehrerer Berufsgesetze umfasst. Seit Inkrafttreten der Länderanerkennungsgesetze (2012-2014) sind auch die einzelnen Bundesländer für die Regelung bestimmter Berufsgruppen zuständig.

Das Anerkennungsgesetz des Bundes ist seit dem 1. April 2012 in Kraft. Im vergangenen Jahr, genauer gesagt am 3. Mai 2022, habe ich an einer Jubiläumskonferenz zum zehnjährigen Inkrafttreten dieses Gesetzes teilgenommen, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) veranstaltet wurde. Staatssekretär Dr. Jens Brandenburg betonte bei der Eröffnung der Konferenz die Bedeutung dieses Verfahrens auf systemischer und individueller Ebene: " „Die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen ist ein wichtiger Beitrag zur Fachkräftesicherung in Deutschland.“ Sie garantiert Qualität und ist ein wichtiges Instrument der Transparenz für Arbeitgeber und zugleich eine Form der Anerkennung für ausländische Fachkräfte, die in Deutschland arbeiten." Eine solche "Integrationswirkung" wird dem Anerkennungsgesetz zugeschrieben, das es Fachkräften ermöglicht, auf dem deutschen Arbeitsmarkt mobil zu sein und sich schnell in Tätigkeiten zu integrieren, die ihrer beruflichen Qualifikation entsprechen.  

Seit mehr als zehn Jahren gibt es daher einen Anspruch auf Durchführung eines Gleichwertigkeitsfeststellungsverfahrens (umgangssprachlich Anerkennungsverfahren). Dieses Recht gilt unabhängig von dem Land, in dem die Berufsqualifikation erworben wurde, und unabhängig von der Staatsangehörigkeit und dem derzeitigen Wohnsitz des Antragstellers auf Anerkennung. Voraussetzung ist der Besitz einer abgeschlossenen, im Ausland erworbenen Qualifikation. Die Anerkennung von Berufsqualifikationen ist für so genannte reglementierte Berufe erforderlich, d.h. solche, deren Ausübung gesetzlich geschützt ist. Das bedeutet in der Praxis, dass die Ausübung eines solchen im Ausland erlernten Berufes nur dann möglich ist, wenn er als vollständig gleichwertig mit einem deutschen Referenzberuf anzusehen ist (ein Referenzberuf ist das genaueste Äquivalent eines im Ausland ausgeübten Berufes). Um zu einem solchen Beruf zugelassen zu werden, müssen neben bestimmten beruflichen Qualifikationen oft zusätzliche Voraussetzungen erfüllt werden. Dies gilt insbesondere für Berufe in den Bereichen Gesundheit, Sicherheit oder Soziales. Auch die Berufserfahrung wird berücksichtigt. Weitere Formen der Rationierung sind geschützte Berufsbezeichnungen (z. B. Ingenieur), Befähigungs- und Sachkundenachweise für bestimmte selbständige Tätigkeiten und Weiterbildungsabschlüsse wie z. B. der Meisterbrief. 

Ein Sonderfall ist die automatische Anerkennung von bestimmten Diplomen aus der Europäischen Union. Nach der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (EU-Berufsanerkennungsrichtlinie 2005/36/EG6) gehören Berufe wie Arzt, Krankenpfleger, Zahnarzt, Tierarzt, Apotheker und Hebamme, für die der Bund zuständig ist, zu den sogenannten sektoralen Berufen, für die eine automatische Anerkennung gilt. Bei einem solchen Anerkennungsverfahren gibt es keine individuelle Gleichwertigkeitsprüfung. In der Europäischen Union erworbene Qualifikationen werden mit dem Ergebnis "positiv - volle Gleichwertigkeit" sofort anerkannt.

Anders verhält es sich bei nicht reglementierten Berufen, die nicht gesetzlich geschützt sind. Dazu gehören einige der 330 dualen Ausbildungsberufe sowie viele akademische Berufe nach dem Hochschulabschluss. Bei den Hochschulabschlüssen des ersten (Bachelor) oder zweiten Grades (Master) gibt es die bemerkenswerte Möglichkeit der Zeugnisbewertung durch die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB). Dabei wird der ausländische Hochschulabschluss mit dem deutschen verglichen, woraufhin die ZAB eine offizielle Bescheinigung ausstellt. Es beschreibt detailliert Art, Verlauf und Dauer des Studiums und gibt die akademische Entsprechung im deutschen Hochschulsystem an. Darüber hinaus enthält es Informationen über die Möglichkeit, sich in Deutschland weiterzubilden, einen weiterführenden Abschluss zu erwerben oder eine berufliche Qualifikation anerkennen zu lassen. Für Fachkräfte aus Polen ist eine solche Anerkennungsbescheinigung in Deutschland nicht zwingend erforderlich, aber sehr vorteilhaft: Sie bringt Erleichterungen bei Bewerbungen, Stellenwechseln und sogar bei Beförderungen oder Gehaltsverhandlungen. Mit einer Anerkennungsbescheinigung in deutscher Sprache können Unternehmen die Fähigkeiten und Kompetenzen ausländischer Fachkräfte sofort anerkennen. Die Bescheinigung über die Gleichwertigkeit des Schulabschlusses kann außerdem bei der Bewerbung um einen Studienplatz verwendet werden. Die offizielle Bescheinigung der Bewertung eines ausländischen Abschlusses wird in vielen Branchen zu einer standardmäßigen formalen Voraussetzung für den Zugang zu gut bezahlten Positionen, die eine höhere Ausbildung erfordern. Zu diesen Branchen gehört seit Jahren auch der öffentliche Dienst.

Das Verfahren zur Anerkennung von Qualifikationen ist in den allermeisten Fällen mit Kosten verschiedener Art verbunden. Zu den Verwaltungsgebühren für die Bearbeitung des Antrags kommen häufig Kosten für Übersetzungen, Beglaubigungen, Ausgleichsmaßnahmen oder Anpassungslehrgänge hinzu. Je nach Referenzberuf (ein Referenzberuf ist das genaueste Äquivalent eines im Ausland ausgeübten Berufes) können diese Kosten zwischen 100 und 600 Euro variieren und in einigen Fällen sogar mehr als 1.000 Euro betragen, wenn Prüfungen abgelegt werden müssen. Für in Deutschland lebende Personen gibt es Möglichkeiten der finanziellen Unterstützung. Die häufigsten sind die Förderung durch die Bundesagentur für Arbeit, die Förderung durch Anerkennungszuschuss und die Unterstützung durch einen (potenziellen) Arbeitgeber. 

Das Anerkennungsverfahren wird von den so genannten zuständigen Anerkennungsstellen durchgeführt. Dies können sowohl staatliche Einrichtungen, wie die ZAB - Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen, als auch Ministerien oder Behörden (z.B. LAGESO - Landesamt für Gesundheit und Soziales in Berlin) sein.  Ziel des Anerkennungsverfahrens ist es, festzustellen, inwieweit eine ausländische Berufsqualifikation mit einem bestimmten Referenzberuf in Deutschland vergleichbar ist. Das Ergebnis des Verfahrens kann eine Entscheidung über die volle Gleichwertigkeit, d.h. eine volle Anerkennung, eine Teilanerkennung aufgrund von Defiziten im Lehrplan oder in der Praxis oder eine Ablehnung sein. Im Falle einer Teilanerkennung müssen die festgestellten Defizite nachgeholt werden, um eine volle Anerkennung zu erhalten. 

Das Anerkennungsverfahren besteht, kurz gesagt, aus folgenden Schritten

  1. Feststellung eines so genannten Referenzberufs, mit dem der ausländische Ausbildungsberuf verglichen werden soll
  2. Feststellung der zuständigen Anerkennungsbehörde
  3. Einreichung eines Antrags mit den erforderlichen Unterlagen und Entrichtung einer Gebühr
  4. Entscheidung über die Anerkennung und mögliche Schritte zum Ausgleich von Defiziten. 

In ganz Deutschland gibt es kostenlose und professionelle Beratungsstellen, die den oben genannten Prozess unterstützen. Zu den wichtigsten gehören die Beratungsangebote des IQ Netzwerks: https://www.netzwerk-iq.de/foerderprogramm-iq/programmuebersicht. Eine offizielle Informationsquelle für die selbstständige Recherche ist das Informationsportal der Bundesregierung zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen www.anerkennung-in-deutschland.de. "Anerkennungsverfahren beschleunigen und vereinfachen" - dieses Ziel hat die Bundesregierung im Koalitionsvertrag für den Zeitraum 2021-2025 formuliert, denn das deutsche Anerkennungsverfahren ist zwar genau geregelt und theoretisch machbar, in der Realität aber verbesserungsbedürftig, um internationale Fachkräfte effizienter und nachhaltiger zu gewinnen und so dem zunehmenden Fachkräftemangel  entgegenzuwirken. 

Die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen ist ein komplexer und vielschichtiger Prozess, an dem viele Ressourcen und öffentliche Akteure beteiligt sind und der darüber hinaus aufgrund der individuellen Bearbeitung jedes Antrags oft beispiellos ist. Eine wichtige Ursache für die Komplexität und die daraus resultierenden Schwierigkeiten bei der Durchführung des Anerkennungsverfahrens ist der Föderalismus selbst. Die Tatsache, dass viele Berufe durch Bundes- und Landesgesetze geregelt sind, führt dazu, dass es kein einheitliches System des Wissens- und Erfahrungsaustausches zwischen den Anerkennungsstellen gibt, die Verfahren voneinander abweichen und nicht selten ein so genannter Anerkennungstourismus auf der Suche nach dem einfachsten und schnellsten Anerkennungsverfahren stattfindet, wenn man in seinem Beruf arbeiten möchte. 

Unabhängig vom Bundesland fehlt es jedoch an fachlicher und sprachlicher Vollständigkeit und die Transparenz der von den Entscheidungsgremien ausgestellten Dokumente stellt für viele Anerkennungsinteressierte eine unüberwindbare Barriere dar.  In den Berichten des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) werden Fälle geschildert, in denen das gesamte Anerkennungsverfahren abgebrochen wurde, weil ein in hochformaler Sprache verfasster Text nicht als Teilanerkennung mit dem Ziel einer vollständigen Anerkennung, sondern als Ablehnung des Antrags verstanden wurde. Dies ist angesichts des derzeitigen Fachkräftemangels auf dem deutschen Arbeitsmarkt nicht hinnehmbar. 

Es ist nicht nur die schwer verständliche Amtssprache, die die Menschen davon abhält, das ohnehin schon mühsame Anerkennungsverfahren durchzuhalten. In der 2022 veröffentlichten Studie der IQ Fachstelle Beratung und Qualifizierung (https://www.netzwerk-iq.de/fileadmin/Redaktion/Downloads/Fachstelle_Beratung_und_Qualifizierung/FSBQ_Situationsanalyse_Fruehpaedagogik.pdf), an der ich als damalige Projektleiterin der IQ Anerkennungsberatung Nord- und Ostbrandenburg mitgewirkt habe, ging es um die Analyse der strukturellen Möglichkeiten zum Ausgleich von Lehrplanunterschieden bei Erzieherinnen und Erziehern in ganz Deutschland, ohne die eine vollständige Anerkennung nicht möglich ist. Bei festgestellten Defiziten haben die Anerkennungssuchenden laut Gesetz das Recht, zwischen einer Kenntnissprüfung und einem Anpassungslehrgang zu wählen, um die Unterschiede nachzuholen und eine volle Gleichwertigkeit der Qualifikationen zu erlangen. In der Praxis ist eine solche Prüfung jedoch oft nicht möglich, weil es im jeweiligen Bundesland an geeigneten Vorbereitungs- und Prüfungsmöglichkeiten fehlt. Aber auch Anpassungslehrgänge, die per Definition Praktika in vorschulischen Einrichtungen mit einem Schul- oder Hochschulstudium verbinden, sind nicht überall verfügbar. In dünn besiedelten Gebieten mit geringer Bildungsinfrastruktur kann ein solcher Kurs nicht immer stattfinden, da es an... Personal- und Zeitressourcen fehlt.

Um beim Thema Zeit zu bleiben: Das Anerkennungsverfahren dauert zu lange. Nach der BIBB-Analyse 2020 dauerte das Anerkennungsverfahren in den reglementierten Berufen im Durchschnitt mehr als ein Jahr, um das Verfahren abzuschließen und die volle Anerkennung zu erhalten. Im Jahr 2018 benötigten die Antragsteller durchschnittlich 266 Tage, um das Ausgleichsverfahren abzuschließen, im Jahr 2020 waren es durchschnittlich 441 Tage. Erst wenn der Antrag bei der zuständigen Anerkennungsbehörde förmlich und vollständig eingereicht wurde, beginnt das Anerkennungsverfahren (im Folgenden als Entscheidungsfrist bezeichnet). Ab diesem Zeitpunkt werden die Anerkennungsverfahren auch in der amtlichen Statistik erfasst. Die Dauer des gesamten Anerkennungsverfahrens - von der ersten Information bis zur endgültigen Anerkennungsentscheidung - ist also nicht identisch mit der in der amtlichen Statistik erfassten Dauer. Viele Menschen verzichten daher auf die Chance auf eine vollständige Anerkennung angesichts von Herausforderungen, die sich nur schwer mit ihrem Privatleben vereinbaren lassen, ganz zu schweigen von einer Arbeit, die, auch wenn sie ihren Qualifikationen nicht entspricht und schlecht bezahlt ist, eine Quelle des Lebensunterhalts und oft die einzige Sicherheit ist, die ihnen ein Gefühl von Handlungsfähigkeit und Unabhängigkeit in ihrem neuen Wohnsitzland gibt.    

Andererseits gibt es seit Jahren konkrete Vorschläge für Veränderungen, nicht zuletzt von Mitarbeitern von Beratungsprojekten, die täglich mit den Schwierigkeiten und Frustrationen ihrer Klienten konfrontiert sind. Das Monitoring der Umsetzung des Berufsanerkennungsgesetzes gehört zu den Aufgaben des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), das seit Jahren empirisch gestützte Berichte veröffentlicht (https://www.bibb.de/de/1350.php). Die wichtigsten Vorschläge zur Vereinfachung und Beschleunigung des Anerkennungsverfahrens betreffen die Kommunikation, insbesondere in schriftlicher Form, die geforderten Unterlagen, die Möglichkeit des Ausgleichs von Defiziten und die Einbeziehung der potenziellen Arbeitgeber in das Verfahren.  

Entscheidungsträger und andere am Anerkennungsprozess beteiligte Akteure sind sich einig, dass die Anforderungen auf ein Minimum reduziert und standardisiert werden müssen, wobei eine transparente und verständliche Kommunikation gewährleistet werden muss. Um dies zu erreichen, ist ein effizientes Wissensmanagement, d. h. die systematische Nutzung von Erfahrungen aus früheren Fällen, erforderlich. Dies würde die Entwicklung neuer Anwendungen deutlich standardisieren und beschleunigen. Die Digitalisierung der Anerkennung von Qualifikationen, d.h. die Möglichkeit, einen Antrag digital einzureichen, könnte ebenfalls zur Vereinheitlichung der Dokumente und zur Beschleunigung der Verfahren beitragen. Eine große Chance zur Vereinfachung des Anerkennungsverfahrens liegt in der Änderung von Stellungnahmen der Entscheidungsgremien. Die Informationen, insbesondere über das Ergebnis des Vergleichs und die nächsten Verfahrensschritte, müssen in einfacher, verständlicher Sprache formuliert sein. Eine dem offiziellen Schreiben beigefügte Schritt-für-Schritt-Liste kann eine gute Lösung sein. Neben der Vereinfachung der Dokumente und der Digitalisierung müssen weitere Schritte, d.h. die Verfahren zum Ausgleich von Defiziten, gestrafft werden. Der Zugang zu Ausgleichsmaßnahmen oder Vorbereitungskursen sollte für alle möglich sein, damit sie in absehbarer Zeit absolviert werden können. Dazu könnte auch die Modifizierung dieser Maßnahmen durch modulare Angebote oder Teilzeitmodelle beitragen, die es vielen Menschen ermöglichen, die Anerkennung mit ihrem Berufs- und Privatleben zu vereinbaren. 

Damit der Anerkennungsprozess erfolgreich ist, muss das Angebot an Sprachkursen ausgebaut werden, auch im Ausland. Sprachkenntnisse sind zwar nicht notwendig, um den Anerkennungsprozess zu beginnen, aber sie sind unabdingbar, um an den mit der Anerkennung verbundenen Qualifizierungs- und Vergütungsprozessen teilnehmen zu können. Ein frühzeitiger Spracherwerb in der jeweiligen Fachrichtung ist daher sehr wichtig. Es ist und bleibt sehr wichtig, potenzielle Arbeitgeber über die Möglichkeiten der Anerkennung ausländischer Qualifikationen zu informieren und zu interessieren und sie von Anfang an in den Prozess einzubeziehen. 

In den letzten Jahren habe ich positive Veränderungen bei einigen Anerkennungsverfahren beobachtet. Einige Anerkennungsbehörden reduzieren oder vereinfachen die Liste der erforderlichen Dokumente. Ein Beispiel dafür ist die ZAB - Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen: Unter den Dokumenten, die für die Anerkennung eines Hochschulabschlusses erforderlich sind, werden Übersetzungen von Diplomen nicht mehr verlangt.Der Schlüssel zu einem reibungslosen Anerkennungsverfahren, sowohl für qualifizierte Fachkräfte, die sich für das Verfahren interessieren, als auch für Arbeitgeber, die Personal einstellen wollen, ist eine breit angelegte, maßgeschneiderte Beratung und Begleitung während des gesamten Prozesses. Um die Verfahren zeitnah zu straffen und auf aktuelle Herausforderungen und Schwierigkeiten zu reagieren, muss eine Struktur für den Dialog zwischen den Entscheidungsgremien, den an der Anerkennung ihrer Qualifikationen interessierten Personen und den Unternehmen, die Mitarbeiter suchen, geschaffen werden. Eine solche Struktur kann zustande kommen, wenn das Thema Anerkennung von Qualifikationen mehr Aufmerksamkeit im öffentlichen Diskurs und damit auch personelle und finanzielle Ressourcen für seinen Ausbau erhält. 

Es lohnt sich, sich bei kompetenten und unabhängigen öffentlich bezahlten Beratern über aktuelle Anerkennungsmöglichkeiten zu informieren. Es lohnt sich, das Recht auf Anerkennung wahrzunehmen und auf die Unzulänglichkeiten des Verfahrens hinzuweisen. Nur so kann es verändert werden. Aktiver Dialog in nichtstaatlichen Strukturen gibt all jenen eine Stimme, die ihre Erfahrungen teilen und mit ihrer Stimme zu Veränderungen beitragen wollen. So wie am 30. August im Sprachcafe Polnisch in Berlin, als das Büro der polnischen Community in Berlin viele Beteiligte zu einem Dialog einlud. Möge es mehr solcher Treffen geben. Denn die oben dargestellten Daten und Phänomene sollten keinen Zweifel mehr daran lassen, wie wichtig heute die Anerkennung von Qualifikationen und der offene Dialog an einem symbolischen runden Tisch sind. 

 Krzysztofa Bieniak

Krzysztofa Bieniak - Soziologin mit pädagogischen Kompetenzen, ihr berufliches und aktives Tätigkeitsfeld ist die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse und die bildungsadäquate Integration in den Arbeitsmarkt, Mitglied des Integrations- und Partizipationsrates im Berliner Bezirk Treptow-Köpenick, wo sie sich u.a. mit den Themen Klassismus und soziale (Un-)Gleichheit beschäftigt.